Mittwoch, 6. April 2016

Coloniales (59)

Die Hürden der Grammatik

Als des Kölschen mächtiger Kölner ist es manchmal ein bisschen gruselig, die neuesten kölschen Songs zu hören. Hier ein paar Tips zu grammatischen Besonderheiten dieses Dialekts:

1) Kölsch kennt keinen Genitiv. Besitzanzeigende Fälle werden mit Dativ und angehängtem Possessivpronomen gebildet: Das Haus meines Bruders = Mingem Broder si Huus; Das ist seins = Dat is dem sing.*

2) Der Infinitiv endet, außer bei einigen unregelmäßigen Verben, auf -e: setzen = setze; fummeln = fummele; ärgern = ärjere, aber: gehen = jonn; tun = dunn.

3) Die Konjugation wird häufig vereinfacht, indem 1. und 3. Person Plural mit der 1. Person Singular zusammenfallen: Ich gehe, wir gehen, sie gehen = ich jonn, mir jonn, sei jonn.

4) Personalpronomen und personenbezogene Artikel reduzieren sich auf die männliche und die sächliche Form: die Kleine = dat Klein; Darf sie das? = Darf dat dat?

5) Die Vergangenheitsform Präteritum wird im mündlichen Sprachgebrauch außer bei Hilfsverben oft durch das Perfekt ersetzt: Ich ging = Ich bin jejange. Diese Entwicklung zur Vernachlässigung der einfachen Vergangenheit ist auch in der allgemeinen deutschen Umgangssprache zu beobachten. Endet das Partizip auf mehreren Konsonanten, wird in der Regel eine leichter aussprechbare Sonderform gebildet: gelegt = jelaat; versucht = versöök.

6) Eine Besonderheit ist ein im Hochdeutschen unbekannter Reflexiv, der zur Verdeutlichung bestimmter Tätigkeiten verwendet wird: Er hat ein Würstchen gegessen = Dä hat sich e Wööschje jejesse.

7) Das Kölsche kennt den Gerundiv. Für fortlaufende Handlungen oder Zustände wird  tun + Infinitiv verwendet: Er wohnt dort = Dä dät do wunne. Entsprechend der deutschen Umgangssprache benutzt der Kölner auch „ist am“ + Infinitiv: Er schläft gerade = Dä is jrad am schlofe.

8) Die Pluralbildung erfolgt häufig durch -e: Das Ding, die Dinger = dat Ding, die Dingere.

9) Im Grunde wird im Kölschen fast alles verniedlicht, Verkleinerungsformen sind überaus häufig anzutreffen. Im Singular werden sie mit -(s)che oder -je gebildet, je nach Harmonie mit dem vorangehenden Buchstaben: leckeres Bierchen = lecker Biersche, Tässchen = Tässje. Im Plural wird ein -r angehängt (mehrere) Pferdchen = Pädscher; (mehrere) Mädchen = Mädcher.

* Scherzhaft auch als der „Kölsche Ablativ“ bezeichnet.


Schüler, Studenten, Rentner, Frauen, Behinderte: An der Rechtschreibung hapert´s hier nicht.

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