Mittwoch, 24. Februar 2016

Kölner Gespräche (46): Josef „Jupp“ Schlömer, Metzger

Josef „Jupp“ Schlömer wurde 1974 in Köln geboren. Nach der Mittleren Reife absolvierte er eine Fleischerlehre im Traditionsbetrieb seiner Familie. 1991 stieg er dort selbst mit ein, seit 2012 fungiert er als Geschäftsführer. Der 1932 von seinem Großvater Jupp Schlömer gegründete Betrieb lieferte u.a. über 40 Jahre die Stadionwurst des FC und produziert die beliebte „Kölner Leberwurst“.
Josef Schlömer lebt mit seiner Familie in Rodenkirchen, unweit des Unternehmenssitzes an der Weißer Straße.

Hatten Sie je eine Chance, etwas anderes als Metzger zu werden?

Ja, mein Vater hat mir freie Wahl gelassen. Aber ich wollte immer schon Metzger werden, das war für mich gar keine Frage. Ich kann mir keinen schöneren Beruf vorstellen. Ich bin Fleischer und stolz drauf.

Kölner Leberwurst

Was ist der Unterschied zwischen Fleischer und Metzger?

Das Metzgerhandwerk ist vielleicht etwas schlachtbetonter. Aber im Grunde meint das dasselbe. Ich habe rundherum alles gelernt, vom Schlachten bis zum Wurstmachen.

Ihre Söhne sind 9 und 5. Spielt der jüngere schon gerne mit großen, scharfen Messern?

Da darf er noch nicht dran, nein.

Und ziehen Sie da Vegetarier oder Fleischfresser groß?

Fleischfresser! (lacht) Mein Kleiner geht allerdings auf einen vegetarischen Kindergarten, weil wir nirgendwo anders einen Platz bekommen haben. Aber wenn er nach Hause kommt, dann gibt´s erstmal Fleisch oder Wurst. Am liebsten mögen die Jungs unsere beste, die Kölner Leberwurst.

Was ist das Kölnische an Kölner Leberwurst?

Da streiten die Geister. Aber fest steht, dass die Kölner sich durch einen besonders hohen Anteil an Leber auszeichnet - daher auch diese leicht rötliche Färbung. Und sie wird immer in eine Wachshülle abgepackt.

Bei Leber denke ich zunächst an etwas Glibbriges, das kaputt geht, wenn ich zuviel Schnaps trinke. Was ist das Tolle an der Leber?

Zunächst mal trinken Schweine keinen Alkohol, deren Leber ist also gesund. Außerdem enthält sie viele Eiweiße und Vitamine.

Was kann man bei einer Leberwurst falsch machen?

Die Schweine für unsere Wurst sind bei der Schlachtung zwischen neun und zwölf Monate alt, und wir verwenden grundsätzlich nur frische Leber. Produkte von Tiefkühllebern sind zwar billiger, aber auch qualitativ deutlich schlechter.

Können Sie mal Zahlen nennen?

TK-Leberwurst könnten wir 20 bis 50 Cent billiger pro Kilo einkaufen. Wir produzieren rund zwei Tonnen Leberwurst pro Woche, da können Sie sich die mögliche Ersparnis ausrechnen.

Ihr Großvater, der den Betrieb 1932 gründete, soll den FC mit Naturalien gesponsert haben. Wie hat man sich das vorzustellen?

Wenn Schäfer & Co. gut gespielt hatten, bekamen die ein sogenanntes Deputat, eine Tüte mit Lebensmitteln.

Und wenn sie verloren hatten?

Dann nicht. Mein Opa war ein sehr treuer Fan, der wäre für den FC gestorben. Aber sein Motto war „Zuckerbrot und Peitsche“. Wer schlecht gespielt hatte, der bekam auch nichts.

Sie heißen Jupp, wie er.

Als er noch lebte, bestand er darauf, dass ich Josef genannt werde und er der einzige Jupp blieb. Verträge mit Jupp zu unterschreiben, musste er sich gerichtlich erstreiten. Heutzutage haben wir uns den „Jupp“ patentieren lassen, niemand außer uns darf in Deutschland, Österreich und der Schweiz seinen Fleischereibetrieb oder seine Produkte so nennen.

Von Schlömer kam über 40 Jahre lang auch die Stadionwurst in Müngersdorf. Inzwischen nicht mehr. Wurde der FC zu gierig?

Mit dem Bau des neuen Stadions wurde auch ein neuer Wurstlieferant engagiert, ein ebenfalls namhafter Betrieb aus Hürth, der sich stark im Karneval einbringt. Wir wurden nicht einmal nach einem Angebot gefragt.

Klingt nach Klüngel. Es gab also keine Ausschreibung?

Nicht dass ich wüsste, das wurde alles so ein bisschen ...

... kölsch verhandelt.

Aber war dann auch nicht so tragisch, mit den ganzen Frittenwagen und Pizzabuden ging der Absatz sowieso ziemlich zurück. Immerhin haben wir uns Fortuna Köln zurückerkämpft.

Erklüngelt?

Ich bin damals zu Klaus Ulonska gegangen - in meiner weißen Metzger-Montur. Und habe gesagt, dass ich mich wieder als Sponsor bei der Fortuna einbringen möchte. Die Fleischerei Schlömer stammt schließlich aus Zollstock, am Höninger Weg lag unsere erste Metzgerei. Ulonska hat das beeindruckt, und seitdem gibt es wieder Bockwürstchen von Schlömer im Südstadion.

Haben sie Haustiere?

Ja, zwei Hunde.

Was ist der Unterschied zwischen Haus- und Nutztieren?

Mit Nutztieren kuschele ich nicht. Wir müssen diese Tiere schnell und fachgerecht töten, da hat man Respekt, aber kein Mitleid. Für uns sind das letztlich Lebensmittel.

Was ist Ihre Meinung zur Massentierhaltung?

Ein gesundes Maß wäre wünschenswert, mehr Freiraum für das Vieh. Aber schon der Handel ist nicht bereit, mehr zu zahlen. Auch der Verbraucher dürfte seine Schwierigkeiten haben.

Was würde einer Ihrer Leberwurstringe kosten, wenn er aus Biofleisch bestünde?

Zur Zeit sind wir im Verkauf bei rund 6,75 Euro. Reine Bioware, also mit kontrolliertem Transport und allem, würde gut das Doppelte kosten. Das Segment ist noch viel zu schwach, als dass sich für uns die Umstellung von konventionell auf bio lohnen würde.

Auch nicht im gutbürgerlichen Rodenkirchen?

Die größere Nachfrage nach Bioware registrieren wir eher in unserer Filiale auf der Neusser Straße. Dort sucht vor allem die jüngere Kundschaft danach. Grundsätzlich gilt, dass konventionelle Ware nicht schlechter ist, sondern anders produziert wird. Und bei fast 70 Biosiegeln sind die Standards auch noch sehr uneinheitlich.

Ist Rodenkirchen ein guter Standort für eine Fleischerei?

Noch besser wäre es, im Industriegebiet zu arbeiten. Als der Betrieb 1956 umzog, gab es hier kaum Häuser. Heutzutage ist das Viertel dicht bebaut, und wir müssen uns an zahlreiche Auflagen halten, etwa zum Lärmschutz.

So eine Tonne Leber durch den Wolf zu jagen, stelle ich mir eher leise vor.

Tja, aber unsere Lieferanten vom Schlachthof fahren morgens um 2 vor! Die stellen die zu laute Kühlmaschine aus, sodass wir die Ware schnell ins Kühlhaus bringen müssen. Und auf dem gesamten Gelände kommen E-Stapler zum Einsatz, die nur sanft vor sich hinsummen. Jenseits dessen liebe ich Rodenkirchen sehr. Wenn wir einkaufen gehen, dann fahren wir immer noch „ins Dorf“.

Und was kommt sonntags auf die Brötchen, die Sie im Dorf geholt haben?

Was soll ich auf diese Frage schon antworten? Schlömerwurst natürlich! Aber unter uns: Ich mag auch sehr gerne Nusspli.

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