Mittwoch, 10. Februar 2016

Geschichten aus 1111 Nächten (63)

Der Wunschberg im Königsforst

Ein bitterarmer Bauer aus Bettenfeld in der Eifel traf eines Tages den Heiligen Willy.
„Ich will dich aus deinem Siechtum erretten“, hob der dicke Kölner an, „und dich auf den Wunschberg im Königsforst führen.“
Das magere Bäuerchen folgte ihm bis zu einem versteckten Gebäude im tiefsten Wald. Im ersten Saal erklärte der Weise: „Hier siehst du das Schwert des Ruhmes. Wählst du es, wirst du ein mächtiger General und eilst von Sieg zu Sieg.“
Nicht schlecht, dachte sich der Bauer, Ruhm ist eine tolle Sache, die mir im Dorf zu hohem Ansehen verhelfen wird. „Aber sehen wir mal weiter.“
Im zweiten Saal zeigte der Heilige Willy ihm das Buch der Weisheit. „Wer sich das wünscht, dem werden alle Geheimnisse des Himmels und der Erde offenbart.“
„Oh“, sagte der Bauer, ich habe mir schon immer gewünscht, viel zu wissen. Aber ich will es mir noch einmal überlegen.“
Im dritten Saal landeten sie vor einem Kästchen aus reinem Gold. „Das ist die Truhe des Reichtums. Gold wird dir zufliegen, ganz ohne Mühen.“
Das ist es, dachte sich der Bauer, zuckte dann jedoch kurz zusammen: Glück und Reichtum sind ja zwei Paar Schuhe. „Ich weiß nicht recht. Gehen wir noch weiter.“
Und so ging der kleine Eifelbauer von Saal zu Saal, ohne sich zu entscheiden. Als sie den letzten Raum gesehen hatten, sagte der Heilige Willy: „Nun wähle. Was immer du dir wünschst, wird erfüllt werden!“
Aber der Bauer zögerte. „Du musst mir noch ein wenig Zeit lassen!“ sagte er.
Da schloss der Heilige Willy das Tor, ging in seinen Weinkeller und lachte über die Dummheit der Menschen.

Manchmal ist es einfach zu spät

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