Mittwoch, 1. April 2015

Interviews (33)

Ilka Simon, Frisbee-Weltmeisterin

"Tricks mit ner Scheibe"

Ilka Simon wurde 1984 i8n Unna geboren. Nach dem Abitur verbrachte sie ein halbes Jahr in Togo und Ghana, bevor sie nach Köln zog. Hier absolvierte sie ein magisterstudium mit den Fäüchern Afrikanistik, Pädagogik und Soziologie. Ein praktikum führte sie 2012 zum AntiDiskriminierungsBüro Mülheim (OegG), wo sie inzwischen eine feste Stelle hat.
Ilka Simon wohnt in Ehrenfeld.

Haben Sie als Kind gern getanzt?

Überhaupt nicht. Dass ich mal Frisbee spielen würde, war nicht abzusehen. Ich hatte es mehr mit Fußball.

In zwei Sätzen: Was ist Freestyle-Frisbee?

Da reicht ein Satz: Tricks mit ner Scheibe.

Was können Sie mit dieser Scheibe besser als andere?

Ich bin länger dabei als die meisten anderen Spieler, und mir ist das Ergebnis nicht ganz so wichtig. Frisbee ist nicht mein Job, mir geht es mehr um den Spaß, und ich denke, das sieht man mir auch an.

Die künstlerische Note ist Ihnen wichtiger als die Platzierung?

Mir geht es mehr darum, mich selbst weiterzuentwickeln und immer wieder den eigenen Schweinehund zu überwinden. Man braucht eine hohe Frustrationstoleranz und muss viel üben. Wenn in der Kür etwas Neuerlerntes klappt und die Scheibe nicht zu oft runterfällt, bin ich glücklich. Frisbee hat tatsächlich auch etwas Spirituelles. Ich habe das nicht gesucht in diesem Sport, aber gefunden.

Im Eiskunstlauf gab es früher neben der Kür die Pflicht, die jedoch inzwischen weggefallen ist.

Pflichtelemente gibt es im Freestyle-Frisbee nicht. Jeder kann zeigen, was er oder sie möchte. Aber es gibt auch noch andere Frisbeedisziplinen als Freestyle.

Unter anderem mit Mannschaften, die Punkte sammeln.

Das nennt sich dann Ultimate Frisbee. Da dringt man, wie beim American Football, in die gegenerischen Endzonen ein. Beim Freestyle spielt man meistens zu zwei, und es läuft Musik während der Kür.

Bevorzugen Sie eher Rock oder Klassik?

Ich mag Funk und Hip Hop am liebsten. Aber ich habe auch schon zu rockiger Musik gespielt.

Sie sind im letzten Jahr Freestyle-Weltmeisterin geworden. Kam das überraschend?

Oh ja, normalerweise gewinnen immer die Amerikaner. Danach war ich lange feiern und bin rumgereist. Bei der Rückkehr, nach 17 Stunden im Flieger, standen tatsächlich Kamerateams am Flughafen.

Die WM fand in Kolumbien statt. Wer hat Ihnen den Ausflug gesponsort?

(lacht) Niemand. Und da gibt´s auch keine großen Preise.

Sondern?

Ich habe einen schönen Pokal und umgerechnet 40 Euro bekommen.

Die Sie ordentlich auf den Kopf gehauen haben?

Ja, wir sind nocht ein paar Tage in die Karibik gefahren. Diese Frisbee-Turniere sind für mich gleichzeitig die schönsten Urlaube, die ich mir vorstellen kann. Ich treffe tolle Leute aus aller Welt, und wir teilen dasselbe Hobby. Was will man mehr!

Wenn ich diese Scheibe werfe, flattert die immer nach rechts und kullert peinlich über den Boden. Was mache ich falsch?

Man braucht schon ein bewegliches Handgelenk fürs Werfen. Aber die Technik hat man relativ schnell raus. Ich denke, bei Ihnen liegt es eher am schlechten Material, so eine Supermarktscheibe bringt´s einfach nicht.

Können Sie den Flug eines Frisbees physikalisch erklären?

(lacht) Nein, das habe ich noch nie nachgelesen. Aber ich vergleiche die Scheibe gern mit einem Flugzeug, das ja auch vom Wind getragen wird.

Kann man Köln als ein deutsches Zentrum für den Frisbee-Sport bezeichnen?

Hier ist vor allem Ultimate Frisbee sehr stark. Neben ein paar anderen deutschen Städten sieht es hier aber auch mit dem Freestyle ganz gut aus.

Haben Sie ein eigenes Trainingsgelände?

Leider nicht, wir wechseln den Spot immer mal. Lange Zeit war die Uniwiese unser Trainingsplatz, aber jetzt werden wir wohl zur Poller Wiese wechseln.

Die liegt schon rechtsrheinisch, wo Sie auch arbeiten. Um wessen Belange kümmert sich das Mülheimer „AntiDiskriminierungsBüro“ des Vereins Öffentlichkeit gegen Gewalt (ÖgG)?

Wir unterstützen Menschen, die rassistisch diskriminiert wurden, wegen ihrer Rasse oder Religion etwa.

Welche Geschichte hat Sie in letzter Zeit besonders aufgewühlt?

Ein 13-jähriges Mädchen wurde verdächtigt, ein Portemonnaie gestohlen zu haben. Die Polizei nahm sie ohne Elternbegleitung mit auf die Wache. Mehrmals fiel das Wort „Zigeuner“, und das Mädchen wurde vaginal und rektal durchsucht – was für ein Portemonnaie sicher nicht nötig war. Leider haben wir es bei uns häufiger mit Polizeigewalt zu tun.

Empfinden Sie Ihre Arbeit als belastend?

Wir sind die, die immer die unangenehmen Fragen stellen müssen. Und wir erleben nicht gerade die Sonnenseiten des Daseins. Das belastet einen durchaus auch nach der Arbeit. Um so schöner ist es deshalb, ein Hobby wie Frisbee spielen zu haben.

Wie verbinden Sie den Job mit Ihrem doch recht trainingsintensiven Sport?

Das ist schwierig. Aber ich versuche, mich immer zu fordern. Laut Weltrangliste nimmt niemand an so vielen Turnieren teil wie ich. Das ist auch eine Art des Trainings.

So ein ästhetischer Vortrag mit Scheibe wäre doch auch als Kleinkunst in der Fußgängerzone zu gebrauchen.

Ein Freund von mir hat das gemacht und nicht schlecht verdient. Wir haben uns auch schon für einzelne Performances buchen lassen, von einem Outdoor-Ausrüster zum Beispiel. Und bei unserem jährlichen ÖgG-Wettbewerb „Dissen – mit mir nicht“ gibt es auch immer eine Frisbee-Show.

Frisbee wurde erfunden, nachdem ein Bäcker Kuchen in dieser Schalenform ausgeliefert hatte. Haben Sie schon einmal Scheibenkuchen gebacken?

(lacht) Nein. Das wäre schon deshalb schlecht, weil wir unser Material bearbeiten. Silikonspray täte dem Kuchen bestimmt nicht gut.

Keine Kommentare: