Mittwoch, 28. August 2013

Geschichten aus 1111 Nächten (42)

Der stoische Wirt

In einer kleinen Spelunke im Rechtsrheinischen regierte einst ein Wirt, der als ungemein stoisch galt. Weder ließ er sich reizen, noch einschüchtern oder sonstwie aus der Ruhe bringen. Kein mosernder Trinker, keine verbratene Frika, kein überschäumendes Fass konnte ihm die Laune verhageln. Manchen seiner Gäste war er mit seiner Unerschütterlichkeit gar ein wenig unheimlich, deshalb heckten sie einen Plan aus.
Eines Winterabends, der gleichmütige Wirt weilte gerade zwecks Fässchenwechsel im Keller, verabredete der brechend volle Saal sich auf ein Zeichen. Als der Meister wieder erschien, bestellte der Gast in der hintersten Ecke ein Kölsch. Und als der Wirt gerade die Mitte der Kneipe erreichte, löschte jemand das Licht, die Meute sprang auf und begann zu kreischen wie wildgewordene Gespenster.
Als das Licht jedoch wieder anging, sah man den Wirt, wie er ohne jede erkennbare Regung durch die Reihen schritt und mit ruhiger Hand das Bier auf dem Ecktisch abstellte. Sorgfältig richtete er die Beschriftung gen Gast aus und zog einen kerzengerade Strich über den Deckelrand.
Dann schritt er zurück hinter seine Theke, lehnte sich gegen die Wand und stieß einen lauten Schreckensschrei aus.


Ein gewisser Stoizismus schadet nichts


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