Mittwoch, 14. August 2013

Geschichten aus 1111 Nächten (41)

"Was ist das Leben?"

 Viele Jahre lang hatte sich der heilige Willy in eine einsame Höhle in der Eifel zurückgezogen. Irgendwann, so hieß es landauf landab, hatte er dabei den Sinn des Lebens gefunden.
Ein steinreicher Marienburger fühlte sich unerfüllt als Kapitalist, Villenbesitzer, Golfspieler und und und. Also verschenkte er all sein Hab und Gut, verließ seine Familie und machte sich ohne Schuh und Strümpf auf den Weg zu dem Einsiedler. Viele Monate suchte er ihn, durchstreifte Wald und Wiesen, verirrte sich und kämpfte mit Krankheiten und Verletzungen. Eines Tages jedoch, kurz hinter Birresborn, fand er schließlich, den er suchte.
Ohne Umschweife kam er zum Urgrund seiner Reise:
„Heiliger Willy, sag mir: Was ist das Leben?“
Der kölsche Weise dachte eine Weile nach, nahm ein Schlückchen von seinem selbstgebrannten Obstler und hob dann an: „Das Leben, mein Sohn, ist ein langer Fluss, der seinen Anfang am Tage deiner Geburt nimmt und ...“
Der Marienburger unterbrach ihn brüsk: „Habe ich jetzt etwa alles verschenkt, all diese Strapazen überwunden, um mir diesen abgedroschenen Unsinn anzuhören? Das Leben ist ein langer Fluss? Dann hätte ich auch zuhause bleiben und meinen Luxus weiter genießen können!“
Da fragte der Einsiedler äußerst beunruhigt:
„Wie? Das Leben ist kein langer Fluss?“

Das Leben ist ein Häufchen Meerschaum

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