Mittwoch, 9. September 2009

Straßenkämpfer (8)

Neulich in der Muckibude

Mist, der Typ geht genau an das Gerät, das ich gerade verlassen habe. Morgens um halb 9 trifft man in der Muckibude normalerweise nur alte Damen, die ein paar Einheiten BauchBeinePo mit einem gepflegten Schwätzchen verbinden. Aber der junge Mann da, der hat so ziemlich meine Figur (jedenfalls brust- und bizepsmäßig, der Rest ist ja sowieso egal). Nur dass der Sack 60 Kilo auflegt, wo ich auf 30 eingestellt hatte.
Dass man auf die Gewichtsmargen der anderen Kraftbolzer spinkst, ist normal. Und genauso, dass man sich nichts anmerken lässt. Aber der Angeber hier, also ich glaube, der hat mich so ein bisschen verächtlich von der Seite gemustert.
Während er an Gerät 1 seine 60-Kilo-Einheiten wegpumpt, sitze ich an Station 2. Da schaffe ich normalerweise noch weniger. Über 25 Kilo bin ich da noch nie gekommen, jedenfalls nicht, wenn ich mich an den empfohlenen Turnus von 3 mal 15 Aktionen halte. Zum Glück stöhnt und prustet der Typ gerade, als ich an der 2 fertig werde. Schnell ziehe ich den Pin raus und stecke ihn in die 50. Wirst schon noch sehen, Bürschchen!
Eigentlich sieht der Kerl ganz sympathisch aus. Aber ich kann ihn trotzdem nicht leiden. Offenbar macht er kürzere Pausen zwischen den Blocks, an der sechsten Station hat er mich ein. Die ist ganz schlimm, da geht´s um die Oberschenkelmuskulatur. Ich habe halt schlanke Beine, sage ich mir. Kein Problem, dass ich hier nur 55 wegpumpe, während der Typ mit 95 hantiert. Irgendwann, Bürschchen, hast du Beine wie ein bulgarischer Gewichtheber. Dann geht gar nix mehr.
Erst als wir an die Innenschenkelmaschine kommen, fällt mir auf, dass mein Konkurrent fingerfreie Handschuhe trägt. Einen gewissen Sinn machen die durchaus, weil man schonmal schweißnass abrutschen kann. Aber der Typ ist bei mir jetzt erst recht unten durch. Fingerfreie Handschuhe sind Schaumacher-Accessoires, völlig klarer Fall.
Die Endstation bildet immer die lange Bank, auf der man die Knie anwinkelt und Sit-ups für die Bauchmuskeln macht. Höllische Schmerzen bereitet das, aber ich beiße mich stumm durch. Als ich zur Seite blicke, bemerke ich, dass dem anderen etwas aus der Tasche gefallen ist: eine etwa zehn Zentimeter lange, flache Röhre mit anscheinend pulverigem Inhalt. Aha, denke ich, der verdammte Angeber dopt! Hundert pro hat der da irgendein Muskelpräparat drin, Anabolika, Stereoide, Epo, was weiß ich. Klar, dass der dann immer das Doppelte pumpt, der Sack.
Als er sich erhebt und breitbeinig Richtung Umkleide stolziert, will ich meinen Triumph auskosten.
„Hey“, rufe ich, „du hast da was verloren.“
Zum ersten mal seit dem Beginn unserer gemeinsamen Runde sieht er mich voll an. Kurze blonde Haare, blaue Augen, offenener Blick.
„Super. Danke“, sagt er, „das war der Zucker von McDonald´s.“


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