Mittwoch, 11. Februar 2009

Straßenkämpfer (4)

„Ich arbeite an mir“

Die 12 irgendwo in Zollstock, 1-Euro-Läden bis zum Horizont. Der junge Typ neben mir trägt schwere Arbeitsschuhe, Blaumann und Kopfhörer. An der nächsten Station steigt ein Kumpel von ihm zu.
„Alles klar, Alter? Langenichgesehnwokommsteher.“
Sie klatschen sich ab, drehen die Handgelenke, tocken die Fäuste aneinander.
„Ich war arbeiten“, sagt der Neue, der eine Sporttasche dabeihat.
„Un wat machste inzwischen?“
„Nee, ich war Boxen, weißte. Ich boxe nur noch.“
Er sitzt kerzengerade, beide Hände auf den Oberschenkeln, und blickt seinem Gegenüber sehr ernst in die Augen bei diesen Worten.
„Ich arbeite an mir, so nennt das mein Trainer. Ich bin gut, sagt der, und dann hatte ich ja auch letztens schon meinen ersten Kampf.“
„Und? Wie wars?“
„Der Typ nach´m Gong direkt voll auf mich zu, aber ich hab den ausgepowert, verstehste. 3. Runde war der so um, hab ich ihn ausgeknockt. Solarplexus.“
„Hm?“
„Sowas hast du noch nich gesehn, wenn einer am Boden liegt und keine Luft mehr kriegt. Das sind einfach unglaubliche Schmerzen, ich bin mal beim Sparring k.o. gegangen.“
„Und wie geht´s der Jaqueline?“
„Das ist praktisch so, dass ich direkt nach der Arbeit ins Gym gehe. Und auch wenn ich nachts aufwache: Zieh ich mich an und renne ummen Block. Immer in Bewegung, Alter, das is wie ne Sucht.“
„Die Jaqueline hab ich nämlich letztens gesehen. Aufm Ring.“
„Das is eben, weil ich das voll ernst nehme, weißte. Das sind die Körpertreffer. Die meisten Typen gehn aufn Kopf, aber ich gehe aufn Körper, Leberhaken und so, das is meine Spezialität, is imgrunde seit fünf Wochen Schluss mit.“
„Mit ner Freundin stand die da, ich glaub, die kannte ich auch irgendwoher.“
„Das is viel schwerer, jemanden übern Körper auszuknocken, weil da ja auch die Deckung is und so. Deckung is sowieso alles, verstehste? Deckung is alles, seit fünf Wochen, is ja okay, ne. Wir reden noch und so, ich hab eben keine Zeit mehr für sowas. Frauen, da musst du einfach mehr reinstecken in sowas, und ich eben immer ins Gym und so, wie gesagt: Ich arbeite an mir.“



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