Mittwoch, 1. Oktober 2008

Geschichten aus 1111 Nächten (1)

Jan von Werth und seine Mutter

Oder: Versuch der Etablierung einer rheinischen Märchentradition nach irischem Vorbild

Jan von Werth und seine Mutter gingen einmal aus. Sie trug ihn auf ihrem Rücken. Er sah, wie auf dem Alter Markt der Fußball getreten wurde.
„Lass mich dort hin, Mutter“, sagte er, „damit ich mitspielen kann.“
„Liebling“, sagte sie, „die großen Männer werden dich töten.“
„Nichtsdestoweniger, Mutter, ich will hin zu ihnen.“
Sie ließ Jan absteigen, und er trat unter die Versammelten. Da war keiner, den er nicht übertraf. Nach Beendigung des Spieles kehrte Jan zu seiner Mutter zurück. Sie nahm ihn wieder auf den Rücken. Dann setzten sie ihren Weg ohne Unterbrechung fort, bis sie die Bäche erreichten. Hier verlor sie ihre Busennadel und machte sich bei dem Ort ein Merkmal, um sie wiederfinden zu können: Sie errichtete einen Wall. Danach heißt er bis auf den heutigen Tag „Alte Mauer am Bach“.
Jetzt nahm Jan seine Mutter auf den Rücken, und dann ging es ohne Aufenthalt weiter, bis sie auf den Hügel an der Uniwiese gelangten.
Jan hatte nur noch die zwei Füße seiner Mutter (alles andere hatte er unterwegs verloren). Er warf die Füße in den Aachener Weiher, trat in ein Haus und bat um Obdach. Die Hausfrau (es war die alte Hexe Zänkmanns Kätt) sagte, sie gäbe ihm nur Unterkunft, wenn er zwei Forellen finge. Da ging er hin und fing zwei Forellen im Aachener Weiher, das waren die Füße seiner Mutter.
„Nun“, sprach die Frau des Hauses, indem sie die Forellen aufs Feuer setzte, „jetzt pass auf, dass keine Flecken und Brandstellen daraufkommen.“
Auf eine der Forellen kamen Blasen. Jan legte seinen Daumen darauf und verbrannte ihn. Schnell steckte er ihn in den Mund. Von dem Tage an bis zu seinem Tode holte er seine Weisheit aus dem Daumen, sobald er ihn in den Mund steckte und von den Sehnen bis aufs Mark durchkaute.

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